Historie
Renommierte Karosseriebauer wie Rometsch, Danhauser & Strauß und Drews aus Wuppertal hatten in den Nachkriegsjahren einige Versuche unternommen, um ein Käfer-Fahrgestell mit einem sportlichen Blechkleid zu versehen. Vergeblich: Bescheidene Verkaufserfolge ließen Pläne einer Serienfertigung scheitern, nicht zuletzt, weil der VW-Chef Nordhoff solchen Vorhaben ablehnend gegenüberstand.
Wilhelm Karmann wandte sich an seinen Freund Luigi Serge, um ihn mit dem Styling einer sportlichen Käfer-Version zu beauftragen. Der norditalienische Blechschneider war der Leiter des Turiner Karosseriewerkes Ghia. Seine Antwort war der Entwurf der fließenden Linienführung des eleganten Coupés. Mit der Vorstellung der ersten Prototypen konnte man sich in Wolfsburg, wenn auch zögernd, für eine Serienfertigung entscheiden.
Der erste Wagen, der den Namen Karmann trug, war die Coupé-Version des VW 1200, der gegenüber dem Prototyp mit geringfügigen fertigungstechnischen Änderungen in Osnabrück in Serie ging. Die Alltagstauglichkeit dieser bildhübschen Karosserie sicherte die Verbindung mit billiger Großserientechnik. Die Leistung des 30-PS-Motors im Heck stand nicht im Verhältnis zum „schnellen“ Äußeren. Die Zuverlässigkeit, verbunden mit geringen Wartungs- und Reparaturkosten, war für viele Käufer von größerer Bedeutung als eine höhere PS-Leistung. Ein weiterer Nachteil war das Gewicht des Karmann-Ghia. Im Gegensatz zur Limousine erhöhte sich sein Eigengewicht um 50 kg. Die unwesentliche Steigerung der Schnelligkeit, der geringe Nutzraum und der höhere Preis (verglichen mit der Limousine) verhinderten nicht, daß dieses Coupé sich zu einem Verkaufsschlager entwickelte. Die Linienführung der Karosserie und der Unverwüstlichkeitsmythos des Volkswagens waren die Komponenten für den Erfolg des schwachbrüstigen Schönlings.
Der Verkauf lief nach der Aufnahme der Serienfertigung imAugust 1955 zügig an. Eine Fülle von Farbtönen, mit oder ohne Metall-Effekt, zusätzlich kombinierbar mit farblich abgesetzten Dächern, waren passend für die flotte Karosserieform. Abgestimmt mit der Lackierung war der Innenraum mit seinen Polsterbezügen und den Seitenverkleidungen. Bequeme, üppig gepolsterte Vordersitze garantierten einen guten Seitenhalt. Eine Zeituhr, auf gleicher Höhe mit dem Tachometer installiert, zeichnete das sportliche Armaturenbrett in einem besonderen Volkswagen aus.
Vom Werk als 2/2-Sitzer betitelt, konnte die magere Sitzbank im Heck nur als Notsitz bezeichnet werden. Selbst in einem offiziellen Verkaufsprospekt lautete es: „Die Sitzbank mit ihrem weichen Schaumgummipolster bietet sich [nur] für gelegentliche Fahrten auch zu dritt oder viert an.“ Als zusätzliches Gepäckteil, mit ausreichend Stauraum für den Urlaub zu zweit, erfüllte die umklappbare Rückbank dennoch ihren Zweck.
Im September 1957 hatte auf der Frankfurter Automobilausstellung die Cabriolet-Version des Karmann-Ghia ihr Debüt. Das ungetrübte Frischluftvergnügen für 8250 DM mit wasserdichtem Verdeck bot als einzigen Nachteil eine eingeschränkte Sicht noch hinten.
Das Karmann-Ghia-Coupé genoß in seiner 19-jährigen Produktionszeit intensive Modellpflege, orientiert an den jeweiligen Verbesserungen und Modifikationen des Käfers.
Als 1971 das elegante Coupé mit den unförmigen Stoßstangen vorgestellt wurde, zeichnete sich bereits das Ende der Laufbahn des Erfolgstyps vergangener Zeiten ab. Kein Widerspruch, wie später beim Käfer-Cabriolet, gab es bei der Produktionseinstellung gegen Jahresende 1973.
Im Werksjargon als Typ 14 bezeichnet, produzierte Karmann 443.466 Exemplare. In der Coupé-Version verließen 362.585 Exemplare und als Cabrio 80.881 Fahrzeuge das Band in Osnabrück. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist heute die Cabrio-Version eine gesuchte Rarität.
Erwähnt sei an dieser Stelle auch noch der „große Bruder“ des Karmann Ghia, die 1500er-Varionte (VW Typ 34), die 1961 auf der IAA in Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und deren Pläne auf das Jahr 1959 zurückgehen. Gedacht waren diese Wagen, die ebenfalls aus der VW-Karmann-Ghia-Verbindung resultierten, für eine gehobene Käuferschicht mit exklusiven Wünschen. Die Technik, Fahrwerk und Motor, ist mit der des 1500er und des Variant identisch, während die unspektakuläre Karosserieform als „zeittypisch“ gelten kann und z.B. an die ebenso glücklosen Chevrolet-Corvair-Modelle (ebenfalls mit luftgekühltem Heckmotor!) erinnert. Das eigenwillige Design sowie die für damalige Verhältnisse horrenden Preise (Cabrioletpreis 1961: DM 9.500,-) trugen nicht unerheblich zum Mißerfolg dieses „Exoten“ bei. Von der Cabrioletversion entstanden aufgrund von Fertigungsproblemen lediglich 31 Fahrzeuge (andere Quellen erwähnen nur 11), von denen bis heute bloß zwei erhalten geblieben sind. Aber auch das Coupé, mit einem
Preis von DM 8.900,-, war kaum billiger. Zum Vergleich: Für den Preis eines 1500er Karmann-Ghia gab es seinerzeit bereits einen 190er Mercedes(!). Die Absatzzahlen erlebten schnell eine erschreckende Talfahrt, so daß man sich 1964 gezwungen sah, den Preis um DM 450,- zu senken. Bis zum Juli 1969, dem Produktionsende der glücklosen großen Karmann-Ghia-Modelle, wurden lediglich 42.536 Einheiten hergestellt, die entweder über den 1500er Motor mit 45 PS verfügten, oder aber als 1500 S-Modell mit der 54 PS-Motorisierung ausgestattet waren.